Im Kampf um den prestigeträchtigen Präsidentenposten am Oberverwaltungsgericht in Münster kommt es zu brisanten Enthüllungen. Ein Bundesrichter, der sich um diese Position bewirbt, soll versucht haben, persönliche Kontakte zur ehemaligen Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) zu nutzen, um Informationen über den Stand des Besetzungsverfahrens zu erhalten. Müller-Piepenkötter bestätigte, dass der Richter sie im Urlaub kontaktierte und sie nach seinen Chancen befragte. Die Ereignisse spielten sich laut ihren Angaben zwischen Ende August und Anfang September 2021 ab, als der damalige Justizminister Peter Biesenbach (CDU) im Amt war.
Das Gespräch zwischen dem Bundesrichter und Müller-Piepenkötter war nicht ohne Spannungen: Der Richter bemerkte, dass Biesenbach sich im telefonischen Austausch merkwürdig verhalten habe. Auch ließ er durchblicken, dass eine Klage gegen eine mögliche Besetzungsentscheidung denkbar wäre – was ihm allerdings skeptisch erscheinen ließ. Müller-Piepenkötter stellte klar, dass sie ihm nicht helfen konnte, da sie keinen Einfluss auf die Situation hatte. Währenddessen steht das Besetzungsverfahren unter Kritik, da die Stellenvergabe sich bereits über ein großes Zeitfenster hingezogen hat. Die aktuelle Justizministerin Benjamin Limbach (Grüne) drängt auf eine Vergabe an eine Juristin, die jedoch in der Vergangenheit mit einem möglicherweise rechtswidrig erstellten Arbeitszeugnis in Verbindung gebracht wird.
Politische Verwicklungen und Vorwürfe
Der Bundesrichter erhebt schwere Vorwürfe gegen Justizminister Limbach und legt nahe, dass politische Motive zu seinen Gunsten eine Rolle gespielt haben könnten. Limbach bestreitet diese Vorwürfe entschieden und betont, dass gemäß Verfassung Entscheidungen nur auf Basis der Bestenauslese getroffen werden dürfen. Diesbezüglich wird in einem Untersuchungsausschuss im Landtag geprüft, ob es unzulässige Absprachen oder verschiedene Aussagen gab, die die Arbeitsweise des Besetzungsverfahrens beeinträchtigt haben.
Roswitha Müller-Piepenkötter, die von 2005 bis 2010 Nordrhein-Westfalens Justizministerin war, hat eine lange Karriere als Juristin vorzuweisen, die bis in die 1970er Jahre zurückreicht. Sie ist bekannt für ihre Initiativen zum Opferschutz, unter anderem durch die Gründung einer Expertengruppe in ihrem Ministerium, und war auch in führenden Positionen innerhalb des Weißen Rings aktiv. Ihr Hintergrund und ihre Verbindungen bringen zusätzliche Brisanz in die aktuellen Streitigkeiten um die Amtsbesetzung in Münster, die für die betroffenen Richter und die Justizlandschaft von zentraler Bedeutung sind, wie RP Online berichtete und die Wikipedia-Seite über Roswitha Müller-Piepenkötter hinweist.