Die ICE-Neubaustrecke zwischen Stuttgart und Ulm, die am 11. Dezember 2022 eröffnet wurde, sollte anfangs mit der Perspektive geplant werden, auch wichtige Verkehrsströme für leichten Güterverkehr zu integrieren. Dies war entscheidend für die Wirtschaftlichkeit des Projekts, die mit mindestens 17 leichten Güterzügen pro Tag und einem Gesamtgewicht von maximal 1000 Tonnen kalkuliert wurde. Diese Züge sollten die Tunnel des Albvorlands passieren und über die beeindruckende Filstalbrücke fahren. Doch die Realität sieht anders aus. Bis heute hat nur ein einziger Güterzug die neue Strecke befahren, und das war im Januar 2024, was die Hoffnungen auf einen regelmäßigen Güterverkehr auf diesem wichtigen Schienenabschnitt stark dämpft.
Der steilere Verlauf der Neubaustrecke, der sie von der alten Geislinger Steige unterscheidet, schließt reguläre Güterzüge aus und stellt somit ein großes Hindernis für den gewollten Güterverkehr dar. Die Göppinger Landtagsabgeordnete Sarah Schweizer (CDU) hat in diesem Zusammenhang bereits eine parlamentarische Anfrage gestellt. Sie verlangt, dass die durch die Verlagerung des Güterverkehrs freiwerdenden Kapazitäten in Verbesserungen des Angebots im Filstal münden müssen. Der fehlende Güterverkehr könnte langfristig auch die kontinuierliche Anbindung der Stadt Göppingen an das Schienennetz gefährden, da seit der Eröffnung praktisch keine Fernverkehrszüge mehr auf der alten Strecke verkehren.
Eisenbahninfrastruktur und Wirtschaftlichkeit
Die Neubaustrecke hat insgesamt rund vier Milliarden Euro gekostet. Laut den Projektverantwortlichen wurde die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Planung von leichten Güterzügen auf einen Wert zwischen 1 und 1,5 gesteigert. Ohne diese Züge hätte der Wert nur etwa 0,92 betragen. Dennoch sind die Informationen über die tatsächliche Häufigkeit und Präsenz von Güterzügen auf der neuen Trasse äußerst begrenzt. Das Verkehrsministerium hat diesbezüglich keine Informationen veröffentlicht, was die Sorgen über künftige Fahrpläne und Güterverkehre verstärkt.
Der Nahverkehr hat auf der alten Filstalbahn zwar eine geringe Verbesserung erfahren, jedoch bleibt die Frage, wie die Trassenkapazitäten effizient genutzt werden können, um sowohl leichte Güterzüge als auch den Nahverkehr zu bedienen, nach wie vor ungelöst. Derzeit verkehren auf der alten Filstalbahn etwa 60 bis 65 Güterzüge pro Tag, was den Druck auf die neuen Infrastrukturmaßnahmen erhöht.
Die aktuellen Entwicklungen und die Misslagen rund um die Güterzüge werfen einen Schatten auf die ursprünglich optimistischen Einschätzungen zum Erfolg der ICE-Neubaustrecke. Wenn bis in naher Zukunft keine weiteren leichten Güterzüge auf der neuen Trasse fahren, wird es schwierig, die anvisierte wirtschaftliche Rentabilität und den damit verbundenen ökologischen Nutzen zu erreichen. Die Zukunft des Schienenverkehrs in dieser Region bleibt somit weiterhin ungewiss.