Der Fall von Dr. Lisa-Maria Kellermayr, einer österreichischen Ärztin, wirft düstere Schatten auf die gesellschaftlichen und politischen Zustände im Internet. Während der Corona-Pandemie trat Kellermayr vehement für Schutzmaßnahmen ein und wurde infolgedessen zum Ziel von Hassnachrichten und Morddrohungen. Tragischerweise nahm sie sich im Sommer 2022 das Leben. Der laufende Prozess gegen einen 61-Jährigen aus Starnberg am Landesgericht Wels wirft nun Fragen zur Verantwortung und der Ohnmacht der Behörden auf Augsburger Allgemeine.
Der Angeklagte wird beschuldigt, Mitschuld am Tod von Dr. Kellermayr zu tragen. Der Fall macht deutlich, wie gravierend die Auswirkungen von digitalem Hass auf das individuelle Leben sind. Im Podcast „Schon gehört? Alles, was uns bewegt“ diskutieren die Moderatoren Lena Bammert und Werner Reisinger über den Umgang mit Drohungen im Internet sowie die Überforderung der Behörden in solchen Fällen. Die beiden Experten fordern notwendige Verbesserungen im Umgang mit Hassbotschaften und präventiven Maßnahmen.
Die verheerenden Folgen von Hass im Netz
Die Problematik von Hass im Netz betrifft nicht nur die individuellen Opfer, sondern hat weitreichende gesellschaftliche Konsequenzen. Laut einer repräsentativen Studie des Kompetenznetzwerks gegen Hass im Netz hat fast jede zweite Person schon einmal online Beleidigungen erfahren. Besonders häufig sind junge Frauen, Menschen mit sichtbarem Migrationshintergrund sowie Personen mit homosexueller oder bisexueller Orientierung betroffen. Die Bundesfamilienministerin Lisa Paus hat betont, dass der Hass im Netz eine ernsthafte Bedrohung für die Demokratie darstellt Bundesregierung.
Die Studie zeigt auf, dass die psychischen Belastungen durch Online-Hass weitreichende Folgen haben können: 57 Prozent der Befragten geben an, sich seltener zu ihrer politischen Meinung zu bekennen, während 82 Prozent befürchten, dass dieser Hass die Vielfalt im Internet gefährdet. Schockierende 42 Prozent junger Frauen berichteten, ohne vorheriges Einverständnis ein Nacktfoto erhalten zu haben. Zudem haben knapp ein Viertel der Befragten ihr Profil aufgrund von Hass im Netz deaktiviert oder gelöscht.
Politische und gesellschaftliche Initiative gegen Hass
In Reaktion auf das stetig wachsende Problem wurde das Kompetenznetzwerk gegen Hass im Netz im Rahmen des Programms „Demokratie leben“ ins Leben gerufen. Ziel ist die Förderung von über 40 Projekten, die sich gegen Hass im Netz einsetzen und die demokratische Teilhabe im digitalen Raum stärken. Der Digital Service Act, der am 17. Februar 2024 in Kraft tritt, soll klare Regeln für Plattformen schaffen und Nutzerrechte besser schützen.
Ebenso sind zentrale Meldestellen für strafbare Inhalte in vielen Bundesländern eingerichtet worden, während das Bundesjugendministerium an verbesserten Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche im Netz arbeitet. Ein Großteil der Befragten (fast 80 Prozent) fordert mehr Verantwortung von Social-Media-Plattformen, was zeigt, dass die Gesellschaft wachsam ist und aktiv auf Veränderung drängt.
Es bleibt abzuwarten, ob die rechtlichen und gesellschaftlichen Schritte ausreichen, um die Entwicklung von Hass im Netz zu stoppen und die Sicherheit der Nutzer zu gewährleisten. Der Fall von Dr. Kellermayr ist dabei ein tragisches Beispiel für die Notwendigkeit dieser Maßnahmen.