In Main-Spessart wird seit rund 30 Jahren ein bewährtes System zur Sammlung von alter Kleidung umgesetzt. Der Dekanat-Main-Spessart organisiert diese Sammlungen in Lohr, Martheidenfeld und Karlstadt zweimal jährlich, damit Bürger ihre nicht mehr benötigten Textilien unkompliziert abgeben können. Durch die Einnahmen unterstützen die Organisatoren lokale Missionare und wohltätige Clubs in der Region. Der Rückgang der Sammlungen aufgrund der COVID-19-Pandemie hat jedoch die Kontinuität des Programms gefährdet. Die Herbstsammlung 2022 wurde abgesagt, und es ist unklar, ob die Sammlungen im Jahr 2023 wieder aufgenommen werden können.
Hermann Bischof von der Striebel Textil GmbH hat in einem ausführlichen Gespräch über die Herausforderungen der Textilsortierung berichtet. Jährlich werden in Main-Spessart etwa 60 bis 70 Tonnen Kleidung gesammelt, wobei der Preis für getragenen Textilien in den letzten Jahren stark schwankt. Aktuell liegt der Preis für alte Kleidung bei etwa 28 Cent pro Kilo. Pro Sammlung erwarten die Verantwortlichen Einnahmen zwischen 1.500 und 2.000 Euro. In der Sortierfabrik wird die Kleidung manuell in verschiedene Qualitätskategorien unterteilt, wobei 50 % der Textilien als tragbar eingestuft werden.
Sortierkriterien und globale Märkte
Die Sortierung erfolgt nach vier Hauptkategorien: „1A-Qualität“ umfasst sehr modische Stücke, die maximal ein bis zwei Jahre alt sind und keine Fehler aufweisen; „1-Qualität“ beschreibt modische Bekleidung mit einem Alter von etwa zwei bis drei Jahren. Die Kategorie „2-Qualität“ schließt nachhaltige Kleidung mit kleinen Mängeln ein, während die „3-Qualität“ abgenutzte, modische Stücke betrifft. Alte Kleidung findet ihren Weg in verschiedene internationale Märkte. Die besten Waren werden nach Osteuropa exportiert, während Textilien mittlerer Qualität nach Afrika und Minderwertiges nach Indien und Bangladesch gelangen. Diese Diversifizierung ist entscheidend, da 50 % der nicht tragbaren Kleidung zu Reinigungslappen oder Isolationsmaterial verarbeitet werden müssen.
Die aktuellen Sammlungen sind jedoch stark von den globalen Umständen beeinflusst. Die unterbrochenen Lieferketten, insbesondere infolge der Konflikte in der Ukraine und im Gazastreifen, haben auch zu Herausforderungen in der Textilsortierung geführt. Bischof warnt vor einer zunehmenden Menge an Textilabfällen und deren möglichen Auswirkungen auf die Rentabilität der Sortierung.
Neue EU-Richtlinien ab 2025
Ein weiterer wichtiger Faktor sind die neuen EU-Vorgaben, die ab dem 1. Januar 2025 in Kraft treten. Diese Vorschriften zur getrennten Sammlung von Alttextilien sollen die Kreislaufwirtschaft stärken und ein besseres Recycling von Textilien ermöglichen. Verbraucher müssen sich darauf einstellen, dass tragbare Kleidung in speziellen Altkleidercontainern abgegeben werden muss, während stark beschädigte Textilien nicht mehr im Restmüll entsorgt werden dürfen.
Der Gesetzesentwurf, der die Entsorgung von Textilien regelt, sieht vor, dass Verbraucher informiert werden müssen, welche Alternativen zur Verfügung stehen. Die EU hat den Herstellern von Textilien die Verantwortung für die Kosten der getrennten Sammlung, Sortierung und Recycling auferlegt. Diese Regelung zielt darauf ab, die Qualität der gesammelten Textilien zu erhöhen und den Trend zur „Fast Fashion“ zu bekämpfen, der die Abfallproduktion unnötig anheizt.
Zusätzlich plant die EU, das Bewusstsein für einen nachhaltigen Konsum zu schärfen. Bildungsmaßnahmen sowie die Teilnahme an Kleidertauschpartys werden empfohlen, um die Menge an Textilmüll zu reduzieren. Einige Kommunen planen sogar stichprobenartige Kontrollen der Mülltonnen, um die ordnungsgemäße Entsorgung zu überprüfen.
Die kommenden Jahre werden auch für die Städte und Gemeinden von großer Bedeutung sein, da viele Kommunen neue Sammelcontainer und verbesserte Entsorgungsoptionen prüfen. Die Einführung dieser Richtlinien könnte jedoch auch zu höheren Müllgebühren führen, falls bestehende karitative und private Sammlungen nicht mehr in der gewünschten Form fortgeführt werden können.
Die Herausforderungen sind vielfältig, und während Hoffnung auf ein besseres Entsorgungssystem besteht, bleibt abzuwarten, wie die Umsetzung der neuen EU-Richtlinien in den lokalen Gemeinschaften erfolgen wird.