Bangladeshs interimistische Regierung hat Indien offiziell um die Auslieferung der abgesetzten Ministerpräsidentin Sheikh Hasina gebeten. Diese floh am 5. August nach Indien, als gewaltsame Proteste gegen ihre 16-jährige Herrschaft ihren Höhepunkt erreichten. Der stellvertretende Außenminister Bangladeshs, Touhid Hossain, bestätigte, dass ein ‚Note Verbale‘ an die indische Regierung gesandt wurde, das die Rückkehr Hasinas für einen „Rechtsprozess“ fordert. Die indische Ministerium für äußere Angelegenheiten bestätigte den Erhalt dieser diplomatischen Mitteilung, erwartete jedoch keine weiteren Kommentare dazu, wie Al Jazeera berichtete.
Hasina wird unter anderen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Mord angeklagt, Vorwürfe, die sie vehement bestreitet. In der Vergangenheit kam es zu Festnahmen vieler ihrer engeren Vertrauten, die angeblich an einem Polizeiübergriff beteiligt waren, bei dem mehr als 750 Menschen, überwiegend junge Menschen, ums Leben kamen. Der Nobelpreisträger und amtierende Regierungschef von Bangladesch, Muhammad Yunus, der Hasina vorwirft, ihre Regierung aus Indien heraus zu kritisieren, erklärte, dass Indien Hasina zurückgeben sollte, damit Bangladesch sie für ihre Taten vor Gericht stellen kann, wie The Week berichtete.
Spannungen zwischen Indien und Bangladesch
Die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Nachbarländern sind angespannt, besonders seit Yunus‘ interimistische Regierung im August an die Macht kam. Indien äußert Bedenken über die Sicherheit von Minderheiten in Bangladesch, besonders der Hindus, während die neue Regierung von Yunus an die Öffentlichkeit appelliert, den mutmaßlichen Verbrechen Hasinas nachzugehen. Der Bangladesh International Crimes Tribunal hat inzwischen Haftbefehle gegen Hasina und mehrere ihrer ehemaligen Kabinettsmitglieder erlassen.
Das Bangladeshi Antikorruptionskommission hat zudem Ermittlungen zu einem mutmaßlichen Betrug in Höhe von 5 Milliarden US-Dollar im Zusammenhang mit dem russisch unterstützten Kernkraftwerk Rooppur eingeleitet, bei dem Hasina und ihre Familie beschuldigt werden, öffentliche Gelder missbraucht zu haben. Während die gerichtlichen Auseinandersetzungen in Bangladesch an Intensität gewinnen, bleibt abzuwarten, wie Indien auf die Auslieferungsersuchen reagieren wird.