Die fortschreitende Digitalisierung des Gesundheitswesens steht im Fokus intensiver Diskussionen, insbesondere hinsichtlich der Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA). Deutsche Intensiv- und Notfallmediziner warnen vor möglichen negativen Auswirkungen eines Widerspruchs gegen diese digitale Neuerung. Uwe Janssens, Generalsekretär der Intensiv- und Notfallmediziner-Vereinigung Divi, betont in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen, dass Widersprüche die eigene Versorgung und Gesundheit gefährden könnten.
In Notfallsituationen können fehlende digitale Informationen zu Verzögerungen oder gar Fehlern führen. Die Einführung der ePA wird als bedeutender Fortschritt für die Notfallmedizin angesehen. Oft sind umfassende Patientendaten in Notsituationen nicht verfügbar, etwa wenn Patienten nicht ansprechbar sind oder keine Unterlagen mit sich führen. Eine elektronische Patientenakte ermöglicht hingegen einen schnellen Zugriff auf relevante Informationen wie Medikationspläne, Diagnosen und aktuelle Befunde.
Vorteile der elektronischen Patientenakte
Die ePA soll die gesamte Krankengeschichte eines Patienten digital speichern, einschließlich Behandlungen, Operationen, Vorsorgeuntersuchungen, Röntgenbildern und Medikamenten. Der Start der ePA in drei Modellregionen erfolgt am Mittwoch, mit einem bundesweiten Einsatz frühestens vier Wochen später, vorausgesetzt die Erprobung verläuft erfolgreich. Alle Krankenkassen sind verpflichtet, für jeden gesetzlich Versicherten eine ePA anzulegen, es sei denn, der Versicherte widerspricht innerhalb von sechs Wochen.
Ab dem 15. Januar 2025 gilt die Widerspruchslösung gemäß dem Digital-Gesetz (DigiG). Ziel des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) ist es, dass bis Ende 2025 80 Prozent der gesetzlich Versicherten im Besitz einer ePA sind. Die digitale Akte bietet nicht nur Vorteile in der Notfallmedizin, sondern könnte auch Fehlerquellen bei der Patientenübergabe minimieren. Medizinisches Personal hätte durch diese Systeme mehr Zeit für die direkte Patientenversorgung.
Risiken des Widerspruchs
Widersprüche gegen die ePA könnten weitreichende Folgen haben. Laut den Angaben von Bundesärztekammer können Patienten jederzeit Inhalte ihrer ePA löschen oder verbergen. Besonders bei sensiblen Inhalten wie genetischen Untersuchungsergebnissen ist die Rücksprache mit den Patienten erforderlich, um eine explizite Einwilligung einzuholen.
Darüber hinaus kann der Zugriff medizinischer Einrichtungen auf ePA-Daten durch die ePA-App eingeschränkt werden. Diese Flexibilität könnte jedoch dazu führen, dass Ärzte nicht immer mit allen relevanten Informationen versorgt sind, sodass eine Behandlung möglicherweise suboptimal verläuft. Daher ist es essenziell, dass sowohl Patienten als auch Ärzte die Möglichkeiten und Grenzen der ePA verstehen.
Gestaltung der digitalen Zukunft im Gesundheitswesen
Die flächendeckende digitale Vernetzung im Gesundheitswesen wird durch die Telematikinfrastruktur ermöglicht. Diese Infrastruktur sorgt für den sicheren Austausch von Informationen zwischen Praxen, Krankenhäusern, Apotheken und anderen Einrichtungen. Gesundheits-Apps, die die Behandlung unterstützen, sind bereits auf Rezept erhältlich. Telemedizinische Lösungen stehen ebenfalls bereit, um Arztbesuche zu ersetzen. Das Bundesministerium für Gesundheit sieht in der ePA einen entscheidenden Schritt zur Vernetzung aller Beteiligten im Gesundheitswesen, um erforderliche Informationen direkt verfügbar zu machen.