Rettungsgrabungen in Heilbronn, Baden-Württemberg, haben bemerkenswerte Entdeckungen aus der Römerzeit ans Licht gebracht. Archäologen untersuchen derzeit den Stadtteil Neckargartach, wo im Rahmen vorbereitender Maßnahmen für den geplanten Internationalen Campus für Künstliche Intelligenz archäologische Funde gemacht wurden. Diese bedeutenden Entdeckungen umfassen eine 500 Meter lange römische Fernstraße sowie Überreste eines Merkur-Tempels und anderer Bebauungen.
Die Grabungen, die zwischen Mai 2023 und September 2024 unter der Leitung der Firma ArchaeoConnect und der Aufsicht des Landesamts für Denkmalschutz (LAD) stattfanden, zielen darauf ab, einen römischen Gutshof zu finden. Jedoch weisen die Funde darauf hin, dass vielmehr ein unbekannter vicus, ein ziviles römisches Straßendorf, untersucht wird. Der Ort scheint als Raststation und kleiner Handelsplatz gedient zu haben.
Details der Entdeckungen
Die neu entdeckte Fernstraße erstreckt sich auf einer Länge von 500 Metern und verbindet die Kastellplätze des Neckarlimes in Böckingen und Wimpfen. Diese für Baden-Württemberg einzigartige Untersuchung erbrachte neben der Straße auch zahlreiche Überreste von römischen Bauwerken, wie u.a. einen Steinbau mit einer Breite von etwa 2,9 Metern und einer Länge von mindestens 3,2 Metern.
In dem Ruinenschutt fanden die Archäologen Fragmente farbiger Wandmalerei, zwei Münzen und Teile einer Statue des Gottes Merkur. Merkur, der als Gott der Händler und Diebe verehrt wird, hatte eine zentrale Rolle im Leben der Römer. Teile der Statue, darunter ein Kopf mit Flügelhaube und eine Hand mit einem Geldbeutel, wurden ebenfalls entdeckt.
Lebensumstände und Bestattungen
Die archäologischen Funde umfassen zudem zahlreiche Gruben, eine Getreidedarre, einen Ofen und fünf Brunnen zu Wasserversorgung, die eine Vorstellung von den Lebensumständen der damaligen Zeit vermitteln. Westlich der Straße lagen Überreste weiterer römischer Bebauungen, einschließlich Fachwerkhäuser und Steinsockel.
Besonders erwähnenswert sind die drei Bestattungen, die am Straßenrand gefunden wurden und nicht zu einem regulären Friedhof gehören; in zwei von ihnen wurden römische Schuhnägel entdeckt. Diese Funde sowie das Fehlen von Brandschichten deuten auf eine geordnete Räumung des vicus hin. Vier Bestattungen aus dem 4./5. Jahrhundert könnten zudem auf eine nahegelegene spätantike Siedelstelle hinweisen.
Die Grabungen in Neckargartach stellen vor allem eine einzigartige Gelegenheit dar, die römische Geschichte der Region näher zu erforschen. Der Internationale Campus für Künstliche Intelligenz, der auf einem archäologischen Kulturdenkmal entsteht, könnte einen weiteren Schritt zur Erhaltung dieser wertvollen historischen Stätte darstellen. Laut fr.de wird die genaue Datierung der Funde nach der Auswertung des Materials erfolgen und könnte bald weitere Erkenntnisse über das Leben in der Römerzeit liefern.